
Das Olympia-Attentat 1972
Vom Traum zum Trauma
Am Abend des 4. September 1972 genossen die israelischen Athleten einen freien Abend in München. Im Deutschen Theater besuchten sie eine Aufführung von "Anatevka" mit dem bekannten israelischen Schauspieler Shmuel Rodensky. Von einer ausgelassenen Stimmung zeugen die Fotos der Sportler mit dem Star. Stunden später sind viele von den lachenden Olympioniken auf den - exklusiv bei SZ Photo erhältlichen - Bildern tot. Es sind die letzten Fotos, die einige der Opfer des Olympia-Attentats lebend zeigen.
Am frühen Morgen des 5. September 1972 überfielen Mitglieder der palästinensischen Terrororganisation Schwarzer September die israelische Olympiamannschaft im Schlaf in ihrer Unterkunft im Olympiadorf und nahmen elf Geiseln: David Mark Berger (Gewichtheber), Ze'ev Friedman (Gewichtheber), Yossef Gutfreund (Ringer-Kampfrichter), Eliezer Halfin (Ringer), Josef Romano (Gewichtheber), André Spitzer (Fecht-Trainer), Amitzur Schapira (Leichtathletik-Trainer), Kehat Shorr (Schützen-Trainer), Mark Slavin (Ringer), Yakov Springer (Gewichtheber-Kampfrichter) und Mosche Weinberg (Ringer-Trainer). Weinberg und Romano leisteten Widerstand, sie wurden als erste getötet. Im Laufe des Tages scheiterte ein Verhandlungsversuch zwischen den Terroristen und der Polizei. Der bayerische Innenminister Bruno Merk und Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher boten sich vergeblich als Austauschgeiseln an. Eine Befreiungsaktion der Polizei und des Bundesgrenzschutzes endete schließlich in einem tödlichen Fiasko: Auf dem Flugplatz Fürstenfeldbruck, wohin sich die Terroristen mit den Geiseln begaben, da die deutschen Verhandler vorgegeben hatten ihrer Forderung nach freiem Geleit nach Kairo nachzugeben, kam es zu einem mehrstündigen Schusswechsel, ein Hubschrauber explodierte. Alle elf israelischen Geiseln wurden getötet, ebenso ein Polizist und fünf Terroristen. Verheerende Fehler und Fehleinschätzungen der heillos überforderten Polizei und Behörden führten in die Katastrophe.
Die Bilder von den Terroristen in Sturmhauben und Scharfschützen in Trainingsanzügen auf den Balkonen des Olympischen Dorfs, vom Versagen der Polizei gingen live um Welt. Erst als Konsequenz des Olympia-Attentats wurde in Deutschland etwa die GSG 9 für Anti-Terror-Einsätze aufgebaut. In München erinnern heute das Denkmal für die Opfer des Olympiaattentats 1972 und der Erinnerungsort "Einschnitt" an die Tragödie, ebenso die Gedenkstätte am Fliegerhorst Fürstenfeldbruck.
Und die Spiele? Nach eintägiger Unterbrechung und einer Trauerfeier im Olympiastadion am 6. September, an der 80.000 Menschen teilnahmen, ließ der damalige IOC-Präsident Avery Brundage die Wettkämpfe mit den folgenden, heute berühmten Worten weiterlaufen: "The games must go on!"
